Aktuelles


 Kurzinfo  - Straßenausbau und Ersterschließungsbeiträge


A) Straßenausbaubeitrag
Art. 5 Abs. 1 Satz 3 Kommunalabgabengesetz wurde geändert.  Durch diese Änderung wurde die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen abgeschafft. 
Übergangsregelungen für abgeschlossene aber noch nicht endgültig abgerechnete Fälle:
1) Straßenausbau abgeschlossen und Beitragsbescheid vor dem 31.12.2017 erlassen – Anlieger müssen bezahlen
2) Bescheid (endgültiger Bescheid oder Vorauszahlungsbescheid) erst ab Stichtag 1.1.2018 erlassen und Straßenausbau abgeschlossen – Beitragsrückerstattung (kann frühestens ab 1.5.2019 verlangt werden)
3) Vorauszahlungsbescheide vor dem 31.12.2017:
Hier muss differenziert werden:

Baumaßnahme bis 31.12.2024 fertiggestellt - 
keine Rückzahlung der Vorausleistung, sofern die Gemeinde den endgültigen Beitrag fiktiv abgerechnet hat.

Im Falle einer Überzahlung wird der Differenzbetrag erstattet.
Eine Verzinsung findet nicht statt.
Antragsfrist: 31.12.2025

Baumaßnahme nicht bis 31.12.2024 fertiggestellt oder keine fiktive Abrechnung:
Erstattung der Vorauszahlung kann verlangt werden.
 Antrag nur zwischen dem 1.1.2025 und dem 31.12.2025 gestellt werden.

B) Erschließungsbeiträge 
Die Rechtslage
Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach Art. 5a Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit §§ 123 ff. Baugesetzbuch. 
Solche Beiträge fallen an, wenn eine Straße erstmals endgültig hergestellt wird (Ersterschließung).
Das kann auch bei schon vorhandenen Straßen der Fall sein, die aber zum Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht dem technischen Standard entsprochen haben (z.B. kein Unterbau, keine Beleuchtung o.ä.). Sind solche zwar vorhandenen, aber noch nicht endgültig hergestellten Straßen älter als 25 Jahre, dürfen ab dem 1.4.2021 auch für die erstmalige (endgültige) Herstellung keine Erschließungsbeiträge mehr abgerechnet werden. 
Die Sicht der Gemeinden


Die Sicht der betroffenen Anlieger/ freie Wähler/ Onlinepetition

Das Gericht:
BayVGH, Urt. v. 24.02.2017 – 6 BV 15.1000
Leitsatz:
Die erschließungsbeitragsrechtlich abzugeltende Vorteilslage tritt bei einer Anbaustraße ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht. Dass nach der technischen Fertigstellung wegen eines in die Straßentrasse hineinragenden Wohngebäudes eine Engstelle verbleibt (hier: Verringerung der Gehwegbreite von 1,50 m auf etwa 0,70 m auf einer Länge von ca. 10 m), steht dem Eintritt der Vorteilslage in der Regel nicht entgegen.

VGH München, Urteil v. 19.10.2017 – 6 B 17.192
Zu den Voraussetzungen für Erschließungsbeiträge für Anbaustraßen
Normenketten:
BayKAG Art. 5a, Art. 5 Abs. 1 S. 3
BauGB § 125, §§ 128 ff., § 133 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Maßgebend für die Frage, wie weit eine einzelne Anbau Straße reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, ist das Erscheinungsbild, dh die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten, also nach Durchführung der Herstellungsmaßnahme, einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (Anschluss an BayVGH BeckRS 2013, 52262 ua). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Voraussetung für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten ist neben der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage im Sinn von § 133 Abs. 2 S. 1 BauGB insbesondere die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Herstellung nach Maßgabe von § 125 BauGB (Anschluss an BayVGH BeckRS 2017, 111569). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ausnahmen von der natürlichen Betrachtungsweise sind nur in Fällen zu machen, in denen eine endgültig hergestellte Anbau Straße nachträglich um eine zuvor nicht angelegte Teilstrecke verlängert wird; in einem solchen Fall handelt es sich bei der Verlängerungsstrecke um eine neue selbstständige Erschließungsanlage, auch wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise mit der alten, schon zuvor hergestellten Anlage eine Einheit bildet (Anschluss an BVerwG NVwZ 1991, 77 = BeckRS 9998, 48100 ua). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine selbstständige öffentliche Verkehrsanlage ist „zum Anbau bestimmt“, wenn und soweit sie die anliegenden Grundstücke nach Maßgabe der §§ 30 ff. BauGB bebaubar oder in sonstiger nach § 133 Abs. 1 BauGB beachtlicher Weise nutzbar macht Anschluss an BVerwG NVwZ 2004, 1118 = BeckRS 2004, 21689 ua). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
5. Das Merkmal „technisch notwendiger Unterbau“ ist nicht in dem Sinn zu verstehen, dass es um die Beachtung technischer Regelwerke ginge; entscheidend kann allenfalls sein, dass irgendein künstlich hergestellter Unterbau unterhalb der Oberflächenbefestigung vorhanden ist (Anschluss an BayVGH BeckRS 2016, 47752 ua). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
6. Ist die Erschließungsanlage nicht auf voller Länge endgültig hergestellt, fallen sämtliche Straßenbaumaßnahmen noch in den Anwendungsbereich des spezielleren Erschließungsbeitragsrechts (Art. 5a KAG) und können nicht als Erneuerung oder Verbesserung nach Maßgabe des nachrangigen Straßenausbaubeitragsrechts (Art. 5 Abs. 1 S. 3 KAG) abgerechnet werden (Anschluss an BayVGH BeckRS 2016, 110005). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erschließungsbeitragsrecht, Anbaustraße, Natürliche Betrachtungsweise, Anbaufunktion, Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, Endgültige Herstellung, Planungsrechtliche Rechtmäßigkeit
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 14.07.2016 – W 3 K 15.25

Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten ist neben der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage im Sinn von § 133 Abs. 2 S. 1 BauGB insbesondere die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Herstellung nach Maßgabe von § 125 BauGB (Anschluss an BayVGH BeckRS 2017, 111569). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Urteil des VGH Bayern vom 14.11.2013
Az.:
6 B 704/12
Quelle: Pressemitteilung des VGH Bayern vom 05.12.2013
VGH Bayern: Rechtssicherheit - 30 Jahre nach endgültiger technischer Fertigstellung der Erschließungsanlage kein Erschließungsbeitrag mehr

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 ausgesprochen, dass Erschließungsbeiträge nicht zeitlich unbegrenzt, sondern höchstens 30 Jahre nach Entstehen der aus der Erschließungsanlage resultierenden Vorteilslage festgesetzt werden können. Der Beitragsschuldner dürfe nicht dauerhaft im Unklaren gelassen werden, ob er noch mit Belastungen rechnen müsse.
Die Kläger wandten sich gegen Erschließungsbeitragsbescheide für die an ihrem Grundstück vorbeiführende Straße, die bereits 1999 technisch endgültig fertiggestellt worden war. Das Verwaltungsgericht Ansbach hatte ihre Klagen abgewiesen. Nach Auffassung des BayVGH wird mit der endgültigen technischen Fertiggestellung der Straße den anliegenden Grundstücken der Erschließungsvorteil in Gestalt einer qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt. Für das Entstehen der Erschließungsbeitragspflicht habe es aber wegen einer Abweichung vom Bebauungsplan zunächst an einer weiteren Voraussetzung gefehlt. Für eine solche Fallkonstellation enthalte das Kommunalabgabengesetz keine abschließende Zeitgrenze, bis zu der Erschließungsbeiträge erhoben werden könnten. Diese Regelungslücke könne jedoch in verfassungskonformer Weise im Wege der Analogie zu einer Bestimmung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes geschlossen werden, in der eine auf den Fall übertragbare allgemeine Höchstfrist von 30 Jahren für öffentlich-rechtliche Ansprüche normiert sei. Demnach sei die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen - ohne Rücksicht auf das Entstehen der Beitragsschuld und unbeschadet der Verjährungsregelungen - ausgeschlossen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage durch die endgültige technische Fertigstellung der Erschließungsanlage mehr als 30 Jahre vergangen seien.
Die Kläger blieben insoweit zwar erfolglos, weil die Fertigstellung der Straße noch keine 30 Jahre zurücklag. In der Sache hob der BayVGH die Beitragsbescheide dennoch zum überwiegenden Teil auf, weil die Gemeinde bei der Verteilung des Erschließungsaufwands ein anderes Grundstück wegen fehlerhafter Anwendung des Instituts der begrenzten Erschließungswirkung zu niedrig belastet, und deshalb für das Grundstück der Kläger einen zu hohen Beitrag angesetzt hatte.


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